Brief an die Freunde von Deir Mar Musa. 1999
Der Brief dieses Jahres setzt sich aus zwei Teilen zusammen
- Der erste ist ein Bericht über die Gemeinschaft und ihre Projekte
- Der zweite Teil ist eine Reflektion von Pater Paolo
Mit diesem jährlichen Brief möchte die Kloster-Gemeinschaft von Deir Mar Musa ihre Dankbarkeit denen gegenüber ausdrücken, die uns mit soviel Liebenswürdigkeit geholfen haben. Immer wenn wir essen, wenn wir uns anziehen, wenn wir reisen, wenn wir uns bekreuzigen, wenn wir jemanden in Schwierigkeiten helfen, wenn wir unsere oder anderer Ausbildung vertiefen, erinnern wir uns an jene, in deren Herzen der Herr die Entscheidung gelegt hat uns beizustehen, und wir danken ihnen.
Wir danken auch allen unseren Freunden, die uns geschrieben haben und die uns Ihre Grüsse und Ihre Neuigkeiten mitgeteilt haben. Wir bitten um Entschuldigung, dass wir nicht eine regelmässigere und persönlichere Korrespondenz unterhalten. Wir würden auch gerne unsere Neuigkeiten denjenigen senden, die uns Schritt für Schritt in Freundschaft begleiten.
Ausserdem würden wir Euch gerne über unsere Projekte informieren, damit diejenigen, die mit daran teilnehmen oder mit uns zusammenarbeiten möchten, Gelegenheit haben es zu tun.
Neuigkeiten der Gemeinschaft und ihrer Projekte
Die wichtigste Nachricht ist, dass wir, trotz unserer Müdigkeit und unserer Grenzen, unseren Gebetszeiten treu geblieben sind. Um 7:30 morgens, nach dem Melken der Ziegen, lesen wir Psalmen, hören Lesungen aus der Bibel und Texte der Kirchenväter, die Fürbitten und beten das Vaterunser. Am Abend, zur gleichen Zeit haben wir eine Stunde stiller Anbetung in der Kirche, gefolgt von der Messe.
Diese gemeinschaftliche Zeiten, verbunden mit den Momenten persönlicher Einsamkeit, sind der Mittelpunkt unserer Existenz. Sie bilden, nähren, heilen und trösten. Sie sind für uns die Schule und die Quelle der Freude und der wahren Brüderlichkeit.
Im September 1998, nach einem Jahr Postulat und drei Jahren Noviziat hat unsere Schwester Huda ihren Profess abgelegt. Ihre Familie war anwesend. Viel Freude und Emotionen waren während der Feier zu spüren. Huda ist Damaszenerin. Ihr Ritus ist griechisch katholisch (Melkit). Sie hat eine abgeschlossene Ausbildung als Ingenieur Agronom und arbeitete lange für das syrische Ministerium für Landwirtschaft. Während dieses Sommers hat sie an einem Treffen von Christen aus muslimischen Ländern in aller Welt, teilgenommen, das in Rom stattfand. In den letzten zwei Jahren hat Elena ihre theologischen Studien fortgesetzt. Während ihren Treffen mit verschiedenen kirchlichen Gruppen, hat sie viele Möglichkeiten den Geist Deir Mar Musa’s zu teilen.
Pater Jacques hat eben sein drittes Jahr liturgischer Studien in Libanon beendet. Wir sind glücklich, ihn wieder bei uns zu haben. Er ist dabei zum Überleben unserer durch ein Jahr ausserordentlicher Trockenheit geschwächter Bienenstöcke beizutragen. Weiter verbessert er unser gemeinschaftliches Gebet und hört den vielen jungen Leuten zu, die sich an ihn wenden.
Wir haben beschlossen das Jahr 1999/2000 dem Studium unserer Ordens-Regel zu widmen. Wir tun dies in der Hoffnung in diesem Jahre eine erste kanonische Anerkennung unseres Ordenslebens zu erhalten, dem Wunsche unseres Patriarchen Seiner Heiligkeit Musa Daoud gemäss. Diese Studien werden im engen Dialog mit dem neuen Bischof abgehalten. Weiter werden wir dieses Jahr dem gemeinschaftlichen Studium verschiedener theologischer Fragen über das religiöse Leben in Verbindung mit unserer Berufung in der islamischen Welt widmen. In der Hoffnung, einen nützlichen Dienst zu erweisen, möchten wir solche Möglichkeiten zu Studien auch anderen zugänglich machen.
Für Jens und Boutros wird das Jahr 2000 ein wichtiges Jahr sein. Sie beenden nämlich, so Gott will, ihr Noviziat. Boutros ist ein Mann, auf den man zählen kann. Er war in Ägypten bei einer Gemeinschaft, die im Süden des Landes für die ärmsten koptischen Dörfer arbeitet (Kopten sind ägyptische Christen der koptischen katholischen oder orthodoxen Kirche). Er kehrte viel selbstsicherer zurück und fühlte sich in seiner Wahl bestätigt.
Jens besucht einen Arabischkurs in Damaskus. Trotzdem wird er nicht die Ziegen und die anderen Dimensionen unseres Lebens vergessen. Dazu ist er dabei, ein "virtuelles" Kloster aufzubauen.
Wir danken denjenigen , Syrern und Nicht-Syrern, Männern und Frauen, die ernsthaft über ihr Verlangen unserer Gemeinschaft beizutreten nachdenken. Wir sind auch jenen anderen Brüdern und Schwestern dankbar, die uns auf unserem Pfad für verschiedene Zeitabschnitte, den Geist des Dienens und der Selbstlosigkeit teilend, begleiten .
Bruder Dominico verlässt seine Einsiedelei und den schönen Garten um seine neue Verantwortung als Novizenmeister der Kleinen Brüder Jesu im Libanon zu übernehmen. Das heisst nicht, dass das Häusschen auf dem Gipfel des Berges leer stehen wird. Die Kleinen Brüder und Schwestern Jesu der Region und die Mittglieder unserer Gemeinschaft werden sie für Perioden der Einsamkeit nutzen.
Die Laien, die mit uns zusammen arbeiten, sind ein wichtiger Teil unserer Gemeinschaft. Mit ihnen bilden wir eine Gruppe, in Solidarität, die auf der spirituellen Dimension unserer Arbeit fusst. Zusammen mit ihnen suchen wir nach Modellen zur wirtschaftlichen Entwicklung, die die natürlichen Gegebenheiten nutzt und so zum Wohl der Gesellschaft beiträgt.
Wir haben in Nebek Land gekauft, um dort Häuser für örtliche christliche Familien zu bauen. Wir werden mit verschiedenen Personen einen Vertrag abschliessen, der es Ihnen ermöglicht durch ein zinsloses Darlehen ein Haus zu kaufen (aus den Abzahlungen werden wir dann neue Häuser oder Wohnungen finanzieren). Der Vertrag wird es der Familie nicht erlauben, das Haus zu verkaufen. Sollte sie auswandern wollen, geht das Haus wieder in den Besitz Deir Mar Musa's über und schafft so Gelegenheit für eine andere Familie. Wir hoffen mit diesem Projekt den Exodus der christlichen Bevölkerung aufzuhalten und die soziale Struktur Nebeks zu erhalten. Es geht nicht nur um Statistiken, sondern mehr noch um den Wert der bewussten Erfahrung einer solchen Minderheitspräsenz.
Als wir die Bewilligung eines Hauses für die Nonnen und weiblichen Gäste beantragten, verweigerte sie uns der syrische Verantwortliche für Denkmalsschutz glatt. Der Alternativ-Vorschlag 100 m vom Kloster entfernt auf dem Gelände der "Marara al-Hayek" (der Höhle des Webstuhls) wurde angenommen. Es handelt um eine alte Einsiedelei mit einer Zisterne in einem rauhen und unwegsamen Gelände. Der neue Standort bringt einige zusätzliche Schwierigkeiten und natürlich zusätzliche Kosten mit sich. Wir mussten eine neue elektrische Seilbahn installieren, die fähig ist, Material vom Talgrund bis zur Baustelle zu transportieren. Das neue Kloster wird nach dem alten Namen "Deir al-Hayek", heissen. Es wird mit dem Hauptgebäude durch eine Galerie und einem kleinen Damm, der Regenwasser zurückhält, verbunden sein.
Auf dem Gelände hat man den Eindruck, einen durch Generationen von Einsiedlern im tiefen Gebet geheiligten Ort zu besuchen. Die Stille, die sie anzog, zieht einen auch heute noch in ihren Bann. In Zukunft wird die alte Höhle ein Versammlungsraum sein. Sie wird für die Gemeinschaft der Ort der Beschauung sein.
Im März fand ein zweiter Workshop über das forstwirtschaftliche Umwelt-Entwicklungsprogramm über das Projekt einer Schutzzone im Tal von Deir Mar Musa statt. Dieses Mal kamen alle: Der Bezirksbürgermeister, Vertreter der Viehzüchter und der Bauern der Region, Vertreter verschiedener wissenschaftlicher internationaler Organisationen, Vertreter von Hilfs- und Entwicklungsfonds (besonders lieb war uns die Präsenz des Vertreters des CCFD "Comitée Catholique contre le Faim et pour dévéloppement"), Vertreter der Ministerien für Landwirtschaft, Turismus und eine Anzahl von interessierten guten Freunde. Es wurde eine ständige Kommission bestellt, die das Projekt leiten soll. Es beeinhaltet auch die Umwandlung des Geländes der Mülldeponie Nebek’s, auf dem Pass drei Kilometer vom Kloster entfernt, in einen geschützten Naturpark.
Das heisst nicht, dass unsere wirtschaftlichen Probleme gelöst sind. Es ist nicht einfach, all diese Vorhaben zu finanzieren. Z.B. haben wir immer noch nicht die nötigen Mittel gefunden, unseren altersschwachen Traktor zu ersetzen.
Vielleicht eröffnet während des nächsten Jahres die Schule für Restauration im Rahmen des zweiten Teils der Restaurierung der Fresken des Klosters wieder. Die Europäische Kommission hat die Finanzierung bewilligt, aber der Amtsweg ist lang. Das Projekt wird in Zusammenarbeit zwischen dem “Istituto Centrale de Restauro" in Rom und der Generaldirektion für Antiquitäten und Museen in Damaskus ausgeführt. Weil es während der Restaurationsarbeiten nicht möglich sein wird, die Kirche zu benutzen und weil wir einen zentralen Raum für Kurse und gemeinsame Mahlzeiten brauchen, haben wir ein gaues Beduinenzelt, wörtlich übersetzt ein "Haar-Haus", für die Terrasse von lokalen Handwerkern weben lassen.
Die eurpäische Kommission finanziert auch einen Teil unseres interkulturellen und interreligiösen Dialog-Programmes. Damit haben wir zuerst die Neuanschaffungen für unsere Bibliothek finanziert. In diesem Programm wirken auch andere Organisationen mit: z.B. Fondatione Giorgio Orseri, Rom und L’Amitié Orient, Bruxelles.
Wir betonen die Wichtigkeit des Einsatzes des Klosters für theologische und kulturelle Ausbildung von uns und unseren Mitarbeitern und Mitgliedern sozialer und kirchlicher Gemeinschaften, mit denen wir in Kontakt sind. Unsere Absicht ist es, Kurse und Seminare mit eingeladenen Dozenten der Region und dem Ausland zu organisieren. Dieses Engagement ist auf vielen Ebenen mit der Förderung des islamisch-christlichen Dialoges verbunden. Natürlich werden wir weiterhin Mitglieder im Ausland studieren lassen, es geht uns aber vor allem darum, hier eine gute, an die Situation angepasste und unserer speziellen Berufung zum Dialog mit der islamischen Welt vertiefende Ausbildung zu gewährleisten.
Eine Reflektion von Pater Paolo
Ich schreibe dieses Mal aus Rawalpindi in Pakistan. Für Jens und mich handelte es sich um eine Pilgerreise inmitten armer Leute, über Land durch die Türkei und den Iran. Es war unser Verlangen, einen sinnvollen Weg der Solidarität mit den Gläubigen Jesu’ der in die weite Islamische Welt Asiens ausgestreuten Kirchen vorzuschlagen und zu erproben.
Ich war im Februar in Albanien und im April in Ägypten. Die Vielfältigkeit der islamischen Welt hat in meinem Herzen einen weiten Raum eingenommen und ich fühlte mich zu Hause,- in meiner Heimat.
Immer klarer verwurzelt uns der Geist des Herrn in dieser Berufung, die in einer freien Wahl und und einem Gelübde Form annimmt. Wir haben uns entschlossen, christlichen Minderheiten in der islamischen Welt zu helfen, mit geduldiger Liebe, des Evangeliums Hefe in einem muslimischen Teig zu werden. Unser Ziel ist es, durch Einsatz der freien Wahl und dem Zusammenwirken vieler das Verlangen Gottes, alles in allem zu sein, zu verwirklichen.
Dies verlangt die Erforschung des Wertes und der Botschaft der Religion und islamischer Gesellschaften in der globalen Entwicklung, mit dem Willen die Muslime wirklich an globalen Prozessen teilnehmen zu lassen. Wir hoffen dazu beizutragen polemische Positionen zugunsten des kollektiven Zeugnisses der Grundwerte des Islams in einer grösseren Dynamik aufzugeben. In diesem Sinne heisst das auch, den Kirchen zu helfen, den muslimischen Beitrag in seiner Ursprünglichkeit und seiner Eigenheit zu verstehen und zu begrüssen.
Man könnte denken, dass wir noch immer nicht den Standpunkt einer kulturellen, sozialen und religiösen Überlegenheit aufgegeben haben. Wir könnten versuchen zu antworten, allein, es ist das Leben, das beweisen kann, dass unser spirituelles Streben ein Verlangen darstellt, zu verstehen, auf welche Weise der Islam eine Rolle in der eskatologischen Erfüllung der Geschichte der Religion menschlicher Gesellschaft einnehmen könnte. Dieses Verständnis kann nicht von vornherein durch Theorie erreicht werden, im Gegenteil, es wird uns erschlossen durch Zusammenarbeit und Dialog, der einhergeht mit der Präsenz christlicher Minderheiten, nach dem evangelischem Gleichnis von der Hefe und dem Teig.
In Wirklichkeit, irgendwo Jünger Jesus' zu sein, heisst mehr und mehr Mitglied einer Minderheit, und so, Hefe zu sein. Doch dies ist nicht eine ausgezeichnete Elite, angefüllt mit einem Auserwählten-Bewusstsein. Wir finden dies in verschiedenen Situationen, entweder wo Christen Minderheit einer Gesellschaft sind, wie in Pakistan oder Syrien, oder wo sie sich einbilden eine Mehrheit zu sein, wie in Europa oder in den Philippinen. Die Kirche, die diese Erfahrung erlebt wird bereit sein sich selbst und sich in das Wirken des Geistes, in den Dialog hinein zu konvertieren, den Geist zu erkennen, und durch ihn transformiert und re-evangelisiert zu werden.
Dieses Wirken Gottes Geistes bleibt im voraus unvorhersagbar und unbestimmbar, genau so wie die Gabe der Prophezeiung in Kirche und Islam angetroffen, implored und verkündet wird.
Wir sind überzeugt, dass religiöse Traditionen nicht als isolierte und unnahbahre Körperschaften betrachtet werden können. Deshalb würden wir gerne einer realeren Einheit der Gaben den Vorzug geben, während auf wir das Zeugnis des Glaubens in Sprache, Symbolismus und der tiefen spirituellen Erfahrung der Religionen verweisen. All dies zerstört nicht das Selbst-Bewusstsein der Kirche als das universale Sakrament der Heilung. Im Gegenteil, es verwurzelt Sie in dem, was zu ihr gehört, zusammen mit einer ernsthaften Beteiligung in dem was Gemeinsam ist und vertieft den Respekt für das was anderen Glaubensgemeinschaften eigen ist. Der Massstab für sie ist, am Leben zu sein, fähig eine dynamische, intime, gemeinsame und stetige Bekehrung von der Dunkelheit zu Licht vorzustellen.
Während unser Bus, beladen mit billiger Ware, an bescheidenen Moscheen zu den vorgeschriebenen Gebeten hält, die weite Wüste Baluchistans durchquert, bot mir das Buch, das ich las, folgenden passenden Gedanken:"Deshalb haben unterschiedliche Interpretationen nich die Funktion einzelne Personen in Ihren Unterschiedlichkeiten erstarren zu lassen, sondern, die Sorge um Einheit als ein Zeichen zum Ansporn nehmend, jeder korrigiert den andern, dem Andern helfend fortzuschreiten in Richtung des unerreichbaren Zentrums wo man 'Dasselbe' wird. Eine universale Geschichte des mystizismus ... hat ein Ziel, im Gegensatz,